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SAO

Aktuelle Situation unserer Klientinnen in Athen (März 2023)


SAO Klientin / Foto: Helena Schätzle























Bericht von Feldbesuch und Retraite mit Field Director Tereza Lyssiotis, AMINA-Team und Anna Pavlidi, Programmleiterin Bashira Lesbos.


Wie Sie wissen, stammen die Frauen, die in unseren beiden Tageszentren registriert sind, aus den verschiedensten Ländern: Afghanistan, Guinea, Iran, Jemen, Kamerun, Kongo, Marokko, Somalia und Syrien. Aus diesem Grund beschäftigen wir Übersetzerinnen aus den Gemeinschaften und bieten unsere Dienste in Arabisch, Farsi/Dari und Französisch an.


Die meisten unserer Amina Klientinnen sind anerkannte Flüchtlinge, ein Status, der in der Theorie Basis für das Ankommen, die Existenzsicherung und Inklusion in die Gesellschaft darstellt. In der Praxis ist Inklusion jedoch nur dann möglich, wenn Geflüchtete ungehinderten Zugang zu wichtigen staatlichen Dienstleistungen haben. Dieser Zugang wird aktuell in Griechenland erschwert bis verhindert und damit eine Interaktion mit der lokalen Bevölkerung annähernd verunmöglicht.


Grundsätzlich werden sowohl Asylbewerber:innen als auch anerkannte Flüchtlinge erneut vertrieben. Asylbewerber:innen werden auf den Inseln unter zunehmend restriktiven Bedingungen in teils geschlossenen Lagern festgehalten. Auf dem Festland werden anerkannte Flüchtlinge in Lager gezwungen, die sich weit weg von Ballungszentren wie Athen mit Arbeitsmöglichkeiten, Schulen, medizinischer Versorgung und unterstützenden Dienstleistungen von NGOs befinden.


Unmittelbar nach Erhalt eines positiven Asylentscheids werden anerkannte Geflüchtete faktisch auf die Strasse gesetzt:

  • ESTIA, (siehe auch Blog vom 27.10.2022) ein Unterstützungsprogramm für besonders vulnerable Geflüchtete, wurde von der griechischen Regierung erst drastisch gekürzt und schliesslich Ende 2022 ganz eingestellt – dies, obwohl die EU-Kommission Griechenland die weitere Finanzierung definitiv zugesagt hatte.

Menschen, die in Wohnungen untergebracht waren, mussten in weit entfernte Lager umsiedeln oder auf Unterbringungslösungen zurückgreifen, die von Fachleuten vor allem für alleinstehende Frauen und Mütter als "prekär" bezeichnet werden.

  • HELIOS, das staatliche Programm zur Integrationsförderung, ist bekannt für annähernd unüberwindbare bürokratische und finanzielle Hürden. Positiv zu erwähnen ist die an das Programm geknüpfte Bedingung, Griechischkurse zu belegen. Anerkannten Flüchtlingen wird mindestens sechs und maximal zwölf Monate die Miete bezahlt. Die Unterkunft müssen die Begünstigten selbst finden und auch die Kaution und die erste Miete stellen.

Aktuell erhalten unsere Mitarbeiterinnen vermehrt Rückmeldungen von Klientinnen, dass die Unterstützungsgelder aus HELIOS seit Monaten ausstehen und sie von Rauswurf und in der Konsequenz erneut von Obdachlosigkeit bedroht sind. So bleibt die Frage nach der Zukunft von HELIOS, eines verfügbaren, jedoch defekten Unterkunfts-Programms für anerkannte Flüchtlinge, aktuell unbeantwortet.


Unsere Klientinnen, die unter anderem geschlechtsspezifischer Gewalt, häuslicher Gewalt und Ressourcenknappheit ausgesetzt sind, haben nun zunehmend auch eingeschränkte Möglichkeiten der Unterbringung, Sozialisierung und Bildung. In diesem Kontext sind Ergänzungsangebote von Hilfsorganisationen für sie überlebenswichtig. SAO Association gehört zu ganz wenigen der kleineren Hilfsorganisationen, die mit lokalem Fachpersonal arbeiten. Unsere Psychologinnen, Sozialarbeiterinnen und Soziologinnen sind mit dem Kontext, bürokratischen Prozessen, Angeboten von Partner:innen-Organisationen etc. bestens vertraut, was uns erlaubt, sorgfältiges Case Management anzubieten und die Frauen deshalb effektiv unterstützen zu können.

Unsere Klientinnen haben aktuell Zugriff auf folgende Dienstleistungen:

  • Humanitäre Nothilfe (Supermarktgutscheine, Damenhygiene und Duschservice, barrierefreie Toiletten und Dusche, Waschmaschinen, Verteilung von Kleidung und Non-Food-Artikeln)

  • Psychosoziale Unterstützung (Case Management und Sozialhilfe, Einzel- und Gruppensitzungen, Zugang zu Schutzeinrichtungen von Partner:innen-Organisationen, Überwachung der Beziehungen zwischen Klientinnen und ihren Arbeitgeber:innen)

  • Zugang, Terminvereinbarungen und Begleitung zu öffentlichen Dienstleistungen (Asyldienste, Einwohner:innen-Dienste, Gesundheitsfürsorge, Wohnungs- und Bargeldunterstützungs-Programme, Schutz- und Rechtsberatung, Schulanmeldung)

  • Informationszentrum (kulturelle Mediation, Einwohner:innen-Rechte und -Pflichten, Frauenrechte, reproduktive Gesundheit, Service Mapping von Dienstleistungsangeboten in Athen)

  • Kompetenzerwerb: informeller Griechischunterricht (Gruppen und Einzeln) inklusive Zugang zu öffentlichen Sprachprogrammen; Einzelunterricht in Computerkenntnissen

Bleibt zu erwähnen, dass wir unser Angebot seit Jahren immer neuen Gegebenheiten anpassen (müssen)– so bieten wir z.B. in Athen neu auch Transportunterstützung an, damit Frauen, die in Lager ausserhalb der Stadt umsiedeln mussten, weiterhin Zugang zum Amina Centre haben.


Wir vom SAO-Büro in der Schweiz sind tief beeindruckt von der Sorgfalt, der Solidarität und dem eisernen Willen unserer Mitarbeiterinnen, die Klientinnen – komme was wolle – professionell zu begleiten. Ausserdem konnten wir uns erneut davon überzeugen, dass kulturelle Grenzen überwindbar sind, wenn Anerkennung der menschlichen Vielfalt vorgelebt wird – Frauen unterschiedlichster Herkunft leben in unseren Zentren ein friedliches Miteinander.











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